Digitaler Energienutzungsplan
Der Landkreis Schweinfurt hat in den letzten 18 Monaten einen „Digitalen Energienutzungsplan mit Schwerpunktbetrachtung einer regionalen Wasserstoffwirtschaft“ erstellt. Er ist zukünftig das zentrale Instrument für Energieeinsparmaßnahmen und die Weiterentwicklung der Netze und der Energieversorgung im Landkreis. Unter großer Beteiligung mit der Stadt Gerolzhofen, den Märkten und Gemeinden im Landkreis wurde ein Fahrplan und ein innovatives Werkzeug für die Umsetzung der Energie- und Klimaschutzziele geschaffen. Der Energienutzungsplan ist Digital, d.h. Veränderungen aber auch bereits Planungen können jederzeit eingepflegt und sofort sichtbar werden.
Im Rahmen der Erstellung konnten folgende Ergebnisses ermittelt und hierauf aufbauend Vorschläge erarbeitet werden:
In einer umfassenden Bestandsaufnahme wurde zunächst detailliert die Energiebilanz für die Sektoren Wärme, Strom und Verkehr im Ist-Zustand (Bilanzjahr 2022) erfasst und der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energiebereitstellung ermittelt.
- Die Berechnungen zeigen, dass bilanziell bereits 121 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Dabei hat die Windkraft den größten Anteil, gefolgt von PV-Aufdachanlagen.
- Die Wärmeerzeugung erfolgt derzeit überwiegend durch fossile Energieträger, insbesondere Heizöl und Erdgas, die mit einem Anteil von etwa 75 % den Hauptanteil an der Versorgung ausmachen. Erneuerbare Energien, bestehend aus Biomasse und Solarthermie, tragen etwa 22 % zur Wärmeversorgung bei und stellen somit eine wichtige, aber vergleichsweise geringere Komponente dar. Elektrische Heizsysteme, darunter vor allem Wärmepumpen, spielen mit einem Anteil von etwa 2 % eine noch marginale Rolle bei der Deckung des thermischen Endenergiebedarfs.
- Sämtliche Energieverbrauchsdaten wurden gebäudescharf erfasst und in ein gebäudescharfes Wärmekataster überführt. Dieses Kataster ist ebenso ein Werkzeug der kommunalen Wärmeplanung und beinhaltet zu jedem Gebäude Informationen zu Nutzung, Baustruktur und Wärmebedarf.
- Auf Basis der energetischen Ausgangssituation wurde eine umfassende Potenzialanalyse zur Minderung des Energieverbrauchs und zum Ausbau erneuerbarer Energien ausgearbeitet, die ebenfalls eine Potenzialermittlung im Bereich der Wasserstofferzeugung beinhaltet. Für die Potenzialanalyse zur energetischen Sanierung wurde ein gebäudescharfes Sanierungskataster erstellt. Für jedes Gebäude stellt das Sanierungskataster die mögliche Energieeinsparung für definierte Sanierungsvarianten bzw. Sanierungstiefen dar.
- Im Bereich der regenerativen Stromerzeugung besteht das größte Ausbaupotenzial aus der solaren Stromerzeugung auf Dachflächen und Freiflächen sowie der Windkraft. Durch den weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung könnten die bilanziellen Überschüsse durch den Einsatz von Wärmepumpen zur Wärmebereitstellung genutzt werden und den Bedarf an Heizöl mindern. Zudem könnte der Stromüberschuss für den künftig ansteigenden Bedarf an Strom für die Elektromobilität / H2-Mobilität genutzt werden. Des Weiteren ergeben sich durch Sektorenkopplung und den gezielten Einsatz von Elektrolyseuren zur Wasserstoffproduktion („Speicher“) zukünftig weitere Potenziale.
- Bei der Ausarbeitung des Potenzials hinsichtlich der Erzeugung aus Wasserstoff hat sich ebenfalls gezeigt, dass im Landkreis durchaus Anwendungsfälle vorherrschen, insbesondere im Bereich der ÖPNV und Mobilität.
Aufbauend auf die Potenzialanalyse erfolgte die Ausarbeitung eines Energieszenarios für das Jahr 2040 (Zieljahr der Klimaneutralität in Bayern). Die Energieszenarien zeigen, dass es im Landkreis Schweinfurt generell möglich ist, eine bilanzielle Energieversorgung aus regionalen erneuerbaren Energien in Verbindung mit Speichertechnologien zu erreichen, wenn dementsprechende Maßnahmen umgesetzt werden.
Fazit:
- Durch die im Energienutzungsplan bis zum Jahr 2040 prognostizierten Transformationsprozesse (Ausbau Elektromobilität, Ausbau Wärmepumpen) wird der Strombedarf künftig stark steigen. Aus diesem Grund ist ein weiterer Ausbau regionaler erneuerbarer Energien zur Erreichung der Klimaziele zwingend erforderlich.
- Zur Maximierung der regionalen Wertschöpfung und der bestmöglichen Integration der im Landkreis erzeugten Energiemengen ist eine Strategie in Verbindung mit Speichertechnologien (Batteriespeicher, Elektrolyse) sowie einer möglichst hohen Lastverschiebung (z.B. Laden von Elektroautos, Wärmepumpenbetrieb, o.ä.) zwingend erforderlich und nicht mehr nur der reine Zubau an erneuerbaren Energien anzustreben.
- Hierfür gilt es, unter Berücksichtigung der geltenden regulatorischen Rahmenbedingungen, möglichst netz- und systemdienlich vorzugehen, was eine koordinierte Vorgehensweise aller Akteure erfordert. Die Ergebnisse des Schwerpunktprojekts Wasserstoff zeigen, dass Anwendungsfälle für Wasserstoff im Landkreis zukünftig vorhanden sind. Gerade das Thema Mobilität mit Schwerlast sowie die Nutzung von Wasserstoff zur Erzeugung von Hochtemperaturprozesswärme sollte im Landkreis fokussiert werden. Hierfür konnten mögliche Projekte einer ersten Wirtschaftlichkeitsberechnung unterzogen werden.
Durch die hohe Detailschärfe ist der digitale Energienutzungsplan nicht nur ein Instrument für die kommunale Energieplanung, sondern auch eine Unterstützung für Wirtschaftsbetriebe und alle Bürgerinnen und Bürger bei der künftigen Identifizierung von Energieeinsparmaßnahmen und der Nutzung erneuerbarer Energien.
Der Energienutzungsplan liefert bereits jetzt die entsprechende Datenbasis für die kommunale Wärmeplanung. Die zuständigen Kommunen im Landkreis können auf die Daten zurückgreifen und diese schnell und kostengünstig vorantreiben. Der Landkreis wird zudem die Ergebnisse aufbereiten und unter Berücksichtigung von Datenschutzaspekten den Bürgern in Zukunft in einem GIS-System zur Verfügung stellen. Hierbei wird eine Zusammenführung mit dem bestehenden Solarpotenzialkataster erfolgen, um hier alle Möglichkeiten „auf einem Blick“ zu haben.
Die Erstellung des Energienutzungsplans erfolgte von Juli 2023 bis März 2025 und wurde zu 70 % durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie gefördert (Förderkennzeichen: 0705/68675/4/25).
