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© Anand Anders
Im Bild von links: Landrat Florian Töpper, Thomas Benz (Arbeitsbereich Mobilität und Energie, Landratsamt Schweinfurt), Bürgermeister Friedel Heckenlauer, Franz Rinner, Oswald Seufert und Joachim Blenk.

Energiewende vor Ort - Landrat besuchte Bioenergiedorf Wettringen

Genossenschaft schafft nachhaltig Wärme und Strom

Landkreis Schweinfurt. Ein Dorf „kapselt“ sich ab und der Bürgermeister und der Landrat finden es gut. Dass dies kein Widerspruch ist, sondern tatsächlich funktioniert, beweist Wettringen, ein Gemeindeteil des Marktes Stadtlauringen im Landkreis Schweinfurt, seit ziemlich genau fünf Jahren ziemlich gut. Wettringen ist eines von etwa rund 180 Bioenergiedörfern in Deutschland.

So vielfältig wie die Idee der Bioenergiedörfer insgesamt, so einzigartig ist die jeweilige Ausprägung vor Ort. Gemeinsames Ziel aller Bioenergiedörfer ist eine möglichst regenerative und nachhaltige Wertschöpfung vor Ort. Wettringen deckt einen großen Teil seines Strom- und Wärmebedarfs unter der Nutzung von regional bereitgestellter Biomasse selbst. In Wettringen, das einzige Bioenergiedorf im Landkreis Schweinfurt, geht das nur dank eines enormen ehrenamtlichen Engagements. Landrat Florian Töpper machte sich gemeinsam mit Stadtlauringens Bürgermeister Friedel Heckenlauer selbst ein Bild davon.

Von der Gemeinschaft für die Gemeinschaft
Begrüßt wurden die beiden von den Mitgliedern des Vorstandes Joachim Blenk, Oswald Seufert und Franz Rinner (Harald Winkler war nicht anwesend). Sie waren von Beginn an dabei und gehören neben anderen zu den „Vätern“ des Projekts. Am Anfang stand eine Idee frei nach dem Raiffeisen´schen Grundsatz: Von der Gemeinschaft für die Gemeinschaft. Als in den 2000er-Jahren klar war, dass Wettringen im Rahmen der Dorferneuerung runderneuert werden sollte, ist die Idee entstanden, auch ein Nahwärmenetz zu installieren. Die Straße sollte ohnehin aufgerissen, eine Vielzahl alter Kabel und Rohre im Untergrund ersetzt werden. Somit könnten auch mit überschaubarem Aufwand die Heizleitungen verlegt werden.

Im Juni 2011 wurde die Genossenschaft gegründet, 2014 ging die Anlage in Betrieb. Mit einigen Leuten fing die Idee an, mittlerweile sind insgesamt 35 Hausanschlüsse in einem 1,8 Kilometer langen Netz verlegt und damit über die Hälfte des Dorfes abgedeckt. Am Rande des Dorfes befindet sich auf einem von der Kirchenstiftung erworbenen Grundstück in einem funktionalen, aber nicht unschönen Neubau die Heizzentrale. Besonders interessant ist hier im Gegensatz zu anderen Nahwärmenetzen die innovative eingesetzte Technik, wie Joachim Blenk erklärte. Während andernorts die Biomasse in Form von Hackschnitzeln nur verbrannt wird, um Wärme zu erzeugen, erfolgt in der Wettringer Anlage eine Verschwelung des Holzes. Hierbei wird neben Wärme, die eigentlich nur ein Abfallprodukt ist, die Erzeugung von Holzgas vorgenommen, das in nebenstehenden Gasmotoren zu elektrischer Energie umgewandelt und in das öffentliche Stromnetz zu marktgerechten Konditionen eingespeist wird.

Rund 1,1 Millionen Euro wurden investiert, hierfür wurden aus öffentlichen Fördermitteln für den innovativen Ansatz rund 348.000 Euro Zuschüsse gezahlt. Auch der Markt Stadtlauringen ist Teil der Genossenschaft und beheizt zwei gemeindeeigene Liegenschaften. Für Bürgermeister Friedel Heckenlauer ist dies ein wichtiges Signal für regionales Wirtschaften und Anerkennung für die ehrenamtliche Arbeit.

Funktioniert nur durch viel ehrenamtliches Engagement
Auch wenn die Anlage mittlerweile gut und zuverlässig läuft, bedeutet dies nach wie vor viel Arbeit. Franz Rinner erläuterte, dass viel ehrenamtliche Arbeit es ermöglicht, die Kosten für Anschließer im erträglichen Rahmen zu halten. Neben einer Rund-um-die-Uhr-Rufbereitschaft sorgt ein Technik-Team für regelmäßige Wartung, eine Logistikgruppe kümmert sich um die Anlieferung von Hackschnitzel und allein drei Mal die Woche putzen Ehrenamtliche das Gebäude. Die vier Vorstandsmitglieder treffen sich alle zwei Wochen. Der komplette Aufsichtsrat einmal im Monat. „Wir sind mit unseren Aufgaben gewachsen, man wird zwangsläufig zum Experten. Von der Grundidee hat die Begeisterung nicht nachgelassen. Wir sind nach wie vor von unserem Konzept überzeugt“, sagte Oswald Seufert.

Landrat Töpper zeigte sich begeistert und sieht ein Signal mit Vorbildcharakter: „Während andernorts viel geredet wird, gestalten Sie die Energiewende vor Ort, nachhaltig und für Alle wahrnehmbar. Schön zu sehen, dass dies von einer ganzen Dorfgemeinschaft getragen wird“, lobte Landrat Töpper die Wettringer. Auch Bürgermeister Heckenlauer sprach von einer „außergewöhnlichen Eigenleistung“ der Dorfgemeinschaft und signalisierte, bei Wünschen seitens der Marktgemeinde stets ein offenes Ohr zu haben.